Ellingen / Schliersee. 4 Jungen und 2 Mädchen vom UFC Ellingen im Alter von 9 bis 12 Jahren haben gemeinsam mit ihrem Tourleiter Matthias Schulz in vier Tagen die Nordalpen und den Alpenhauptkamm überquert. Sie legten dabei 3240 Höhenmeter im Aufstieg und 242,5 km in der Distanz zurück. Der UFC Ellingen bietet seit 18 Jahren Alpenüberquerungen für Kinder und Jugendliche an und stellt neben dem sportlichen Aspekt geologische, naturkundliche und allgemeinbildende Wissensvermittlung in den Mittelpunkt. Daneben sorgen kindgerechte Zwischenziele und attraktive Höhepunkte unterwegs für ein altersgerechtes Tourerlebnis. Aber der Reihe nach.

Vom Schliersee nach Fügen
Gestartet wurde am 4. August am Schliersee. Von hier aus radelten die Kids über die alte Spitzingstraße auf den gleichnamigen Spitzingsattel hinauf. Es folgte eine temporeiche Abfahrt hinunter zum Forsthaus Valepp, bevor man die Zivilisation hinter sich ließ und über die grüne Grenze durch umfangreiche Waldgebiete, entlang von Felswänden und Wasserfällen nach Österreich hinüberradelte. Ein Highlight unterwegs bildete die Kaiserklamm, die seit Kaiser Franz Josef und Kaiserin Sissi durch ihren wildromantischen Charakter berühmt ist. Weiter ging es über 20% steil hinauf nach Aschau und auf einer schnellen Straßenabfahrt hinunter nach Kramsach im Inntal. Nach wenigen Kilometern am Inntal-Radweg bog man in südlicher Richtung ins Zillertal ab, wo der Abenteuer Spielplatz Schlitters (mit Badesee) auf die Kids wartete. Übernachtet wurde in Fügen in einer Sportpension. Höchster Punkt des ersten Tourtages war der Spitzingsattel mit 1145 m ü. NN., es wurden 59,8 km und 856 hm zurückgelegt.

Von Fügen zur Dominikus-Hütte am Schlegeis-Stausee
Am 5. August wurde am Ziller-Radweg von Fügen bis Zell am Ziller geradelt, hier wartete abermals ein großer Abenteuerspielplatz mit einem Riesen Trampolin auf die Kids. Weiter ging es nach Mayrhofen zur „Tal-Gabelung“, da hier das Zillertal in Tuxertal, Zemmtal, Stilluptal und Zillergrund zerfällt. Das Zemmtal führt von 633 m Meereshöhe hinauf bis auf den 1782 m hoch gelegenen Schlegeisspeicher. Die Straße schlängelt sich durch eine Schlucht an Felswänden entlang und ist für Radler und Autofahrer gleichermaßen zur Nutzung freigegeben. Es folgen zahlreiche Tunnels und ein offener Streckenabschnitt südlich von Ginzling, bei dem man einen phantastischen Ausblick auf Schnee bedeckte 3000er Gipfel hat. Nach einem Schotter- und kurzen Trailabschnitt folgt der finale Anstieg hinauf zum Stausee. Als Übernachtungsquartier hat sich in den letzten Jahren die „Dominikushütte“ oberhalb des Sees mit seiner 131 Meter hohen Staumauer bewährt. Hier wurden Tourleiter und Kids als alte Bekannte begrüßt und herzlich empfangen. Eine entlaufene Ziege, die der Gruppe vom Staudamm aus nachgelaufen war und plötzlich in der Gaststube stand, sorgte für Spaß bei den Kids und den übrigen Gästen. Der Hüttenwirt fand es indes weniger lustig und entfernte den meckernden Störenfried kurzerhand. Nach 1320 Höhenmetern im Aufstieg und 50,5 km Fahrdistanz ging der 2. Tourtag zu Ende.

Von der Dominikus-Hütte nach Sterzing
Am 6. August um 8.40 Uhr machte sich die Gruppe vom Schlegeis-Stausee zum Pfitscher Joch auf. Unterwegs konnten Wasserfälle bewundert und zahlreiche Gesteinsarten von Glimmerschiefer bis Quarz erkundet werden. Auf der Lavitzalm wurde mit großem Genuss warme Nudelsuppe geschlürft, bevor es die letzten 200 Meter hinauf über bis zu 20% steile Schotterwege hinauf zur Landesgrenze nach Italien und zum Pfitscherjoch-Haus ging. Nach einer ausgiebigen Brotzeit und einigen Erinnerungsfotos folgte die lange Abfahrt über ehemalige „Mussolini-Straßen“ hinunter nach St. Jakob im Pfitscher Tal und weiter bis nach Sterzing. Wie schon bei der 2015er Tour fiel auf diesem Tourabschnitt sehr viel Regen, weswegen die Gruppe nass und durchgefroren in Sterzing ankam. 37,7 km und 571 Höhenmeter im Aufstieg waren angesichts des Wetters absolut vertretbar.

Von Sterzing zum Kalterer See
Am 7. August brach die Gruppe von Sterzing zur letzten Tagesetappe zum Kalterer See auf. Der hervorragend ausgebaute Eisacktal-Radweg lud Kids und Tourleiter zu einer rasanten, abwechslungsreichen Fahrt durch Südtirol ein. Ab Brixen ändert sich die Vegetation – alpine Nadelgehölze weichen einer bunten Mischung an Laubbäumen und mediterranen Nadelgehölzen, aufgelockert durch zahlreiche Apfelplantagen und Weinberge. Hier wurde auch eine größere Brotzeit-Rast eingelegt. Viadukte und Eisenbahntunnel verleihen dem Radweg insbesondere zwischen Klausen und Bozen einen besonderen Reiz und machen jeden Radkilometer zu einem besonderen Erlebnis. Nach einer Brotzeitrast in Bozen ging es auf einer alten, zum Radweg umfunktionierten Bahnstrecke hinauf ins „Überetsch“ nach Eppan und weiter durch Weinberge nach Kaltern. Nach einer landschaftlich einmaligen Abfahrt durch Weinberge war der Kalterer See am Ende des 4. Tourtages nach 94,5 km und 493 Höhenmetern erreicht. Hier wurde die Ankunft ausgiebig gefeiert, bei einer Tretbootfahrt, Baden im See und einem italienischen Essen. Danach ging es auf eine fünfstündige Heimreise, und nachts um 2 Uhr fielen die Kids müde aber glücklich in ihre Betten.

Eine tolle Gruppe
Noch nie zuvor war eine Tourengruppe konditionell und technisch so gut unterwegs wie die UFC-Radlkids im Sommer 2019. Mit Kilian Krügl (12), Nils Strauch (9), Nynke Strauch (10), Katharina Urban (10) und Valentin Gempel (10) nahmen gleich fünf aktuelle CC-Rennfahrerinnen und -Fahrer an der Tour teil. Paul Löffler (12) von der U13-Gruppe von Nobby und Gerd stand dem in nichts nach. Die Kids waren Bike- und ausrüstungsmäßig sehr gut ausgestattet, was sich insbesondere bei den langen Bergauf-Passagen und im Schiebe-Trage-Bereich positiv bemerkbar machte. Das Tourgepäck hatten die Kids stets komplett bei sich, auf einen Shuttleservice wurde wie immer bewusst verzichtet, um das Gruppenerlebnis zusätzlich zu stärken.

Es hat sich viel verändert…
Seit der UFC Ellingen im August 2001 seine erste Alpentour organisierte, hat sich unterwegs einiges verändert. In der Einöde zwischen dem Forsthaus Valepp und Aschau war man früher als Tourengruppe „unter sich“. Es konnte über eine Stunde dauern, bevor man einen anderen Biker oder Wanderer traf. Jetzt tummeln sich hier zahlreiche E-Biker, die zwar bergauf schneller vorankommen und oftmals auch ohne Helm und Rucksack unterwegs sind, bergab jedoch häufig durch unsicheres Bremsverhalten eine ganze Abfahrt blockieren. Die Auffahrt zum Schlegeis-Stausee erfolgte früher vom Zemmgrund aus durch enge, lange Einbahntunnel – heute gibt es eine Umfahrung für Mountainbiker, die landschaftlich einmalig und noch dazu viel sicherer ist. Der Wanderweg hinauf auf das Pfitscherjoch wurde deutlich entschärft und kann nun zu 50% geradelt werden, während früher durchweg Schieben und im oberen Teil auch Tragen angesagt war. Das Pfisterjoch-Haus in 2277 m Höhe wurde 2012 zu einem modernen Berggasthof umgebaut, dem es an nichts fehlt – sogar an eine Biosauna wurde gedacht. Und der Radweg von Sterzing bis Bozen ist seit einigen Jahren durchgängig befahrbar und hervorragend ausgeschildert. Der Radweg gehört mit zu dem Besten, was Europa an Radwegen zu bieten hat. Erwähnenswert sei noch die Großbaustelle nördlich der „Franzensfeste/Fortezza“ im Eisacktal – hier erfolgte im Juli 2019 der Durchstich des 41,5 km langen Brenner-Basistunnels, dafür wird gleich das komplette Eisacktal umgegraben. Und der z.T. marode Zustand der Brückenpfeiler der Brenner-Autobahn (gut sichtbar vom Radweg aus) lässt die schrecklichen Bilder des Brückeneinsturzes von Genua am 14.08.2018 wieder im Kopf lebendig werden.


Ein großes Dankeschön!

Ein ganz großes Dankeschön geht an Vereinsmitglied Christian Gempel, der die Gruppe zum Schliersee brachte und auch die Abholung vom Kalterer See mustergültig organisierte. Und an Tourleiter Matthias Schulz, der die Gruppe sicher und mit hohem Erlebniswert über die Alpen brachte.